Mittwoch, 9. April 2014

Was haben wir uns nur dabei gedacht?

In 6 Monaten sind wir durch Thailand, Laos, Vietnam, Kambodscha und Indien gereist, sind mit Tuk Tuks, Rickshaws, Booten, Taxis, Rollern, Bussen, Zügen und Flugzeugen über unzählige Straßen und Flüsse gefahren und geflogen.
Wir haben in 68 verschiedenen Zimmern übernachtet und somit 68mal die Rucksäcke ein- und ausgepackt. Einige Male haben wir in Nacht-Zügen- und Bussen geschlafen - der eine weniger, die andere mehr.
Mit dem Vipassana-Kurs haben wir auch eine 10-tägige Reise in unser Inneres unternommen - fast ohne die körperlichen Sinne zu bedienen.
Losgelöst vom deutschen Werte- und Wirtschafts-System haben wir viel über uns selbst und unser Lebenskonzept nachgedacht und über unsere Werte philosophiert. Denn losgelöst vom Schwarm ist es viel leichter, die eigene Richtung zu finden.


Dabei hat uns auch geholfen, dass wir viele interessante Einheimische mit ganz unterschiedlichen Einstellungen, Sichtweisen, Kulturen und Religionen kennengelernt haben.
Auch ein paar Parties und Strand-Urlaubstage haben wir genossen und uns mit anderen Reisenden aus Israel, Russland, Australien, England, Spanien, Portugal, Italien, Frankreich, Schweden, Österreich, Deutschland und der Schweiz ausgetauscht.
Vegetarier sind wir geworden und haben auch sonst unseren Lebensstil überdacht und angepasst. Hippies oder Heilige sind wir deshalb aber nicht geworden und wir sind auch nicht auf einer Insel als Kiffer hängen geblieben - wobei die schönste aller Inseln, nämlich Koh Rong in Kambodscha, durchaus dazu verführen könnte.
Viele Krankheiten haben wir vor allem in Indien durchgemacht, aber zum Glück keine ernsthaften. Mit ein paar Krankenhaus-Besuchen, Apotheker-Interviews und dem Internet konnten wir uns immer helfen.
Zirka 7.500 Euro haben wir für dieses halbe Jahr zu zweit gebraucht, inklusive aller Flüge. Mit diesem Geld haben wir keinen neuen Fernseher, keine größere Couch, keine All-Inclusive-Reise, kein iPad oder neues Smartphone, keine neuen Handtaschen, kein neues Auto oder Inspektionen bezahlt. Dafür haben wir uns mit diesem Geld unbezahlbare Erfahrungen und Erlebnisse ermöglicht, die uns niemand mehr nehmen kann.
Jetzt ist diese Asien/Indien-Reise schon wieder vorbei, denn die Arbeit ruft. Aber nicht in Form von einem normalen Bürojob in Deutschland. Vielmehr hat unsere Freiheit und Flexibilität uns die Türen geöffnet zu einem Job, den man nicht immer machen kann: Für ein halbes Jahr werden wir in Italien (3 Monate am Strand im Süden und 3 Monate am Gardasee) als Reiseführer dort arbeiten, wo andere Urlaub machen.
Nathalie wird mit Gästen Wandertouren und Fitnesskurse machen, Frank macht Mountainbike-Touren und hält die 30 Bikes in Schuss. Auch für das Abendprogramm sind wir zuständig.
Wir werden immer wieder gefragt, ob wir es bereuen, diesen Ausstieg gewagt zu haben. Gerade Frank, der seinen Job und seine Wohnung gekündigt hat, verstieß damit grob gegen die vermeintlich allgemeingültige Karrierelogik. Doch das alles hat sich für uns längst gelohnt und wir würden es schrecklich bereuen, wenn wir es nicht getan hätten.
Wir haben nicht nur viel über uns und die Welt gelernt, sondern auch, unser Heimatland global besser einzuordnen und zu schätzen. Eine Krankenversicherung, Gerechtigkeit, Bildung und ein Dach über dem Kopf sind Privilegien, die uns vor unserer Reise als Standard erschienen.
Die Zeit vergeht tatsächlich. Du wirst wirklich älter und irgendwann schaust du zurück und wirst dich fragen, was du eigentlich gemacht hast. Man bereut nur, was man NICHT getan hat.
Deshalb ist die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für solch einen Schritt einfach zu beantworten: Der richtige Zeitpunkt ist heute!
Denn heute ist der erste Tag.
Der erste Tag vom Rest deines Lebens.