Sonntag, 2. Februar 2014

Das Leben eines Tuk Tuk Fahrers in Kambodscha

Warum manche Kinder nicht zur Schule gehen, was ein Tuk Tuk Fahrer verdient und wie er lebt.


Nach einer großen Fahrrad-Tagestour, haben wir uns tags darauf für ein Tuk Tuk entschieden, um die legendären Tempelanlagen bei Siem Reap zu besichtigen.



Mittags beim Schlendern durch den Park von Angkor Wat fallen uns mal wieder die kleinen Kids auf, die Postkarten oder Armbänder verkaufen. "Buy me only one dollar, sir! I have different colooooour!" - wir quatschen gerne mit den Kindern, weil es interessant ist, wie genau sie schon wissen, was sie sagen müssen, um möglichst viel Geld an den Touristen zu verdienen. "You should go to school!", sagen wir. - "I need dollar to go school...". Die 5 Kinder im Alter zwischen 9 und 11 Jahren behaupten, sie brauchen das Geld, um in die Schule zu können. Die englischen Wörter auf den Postkarten können sie nicht lesen, auch die Ziffern können manche der Kids nicht deuten. Wir unterstützen natürlich nicht, dass Eltern ihre Kindern zum Geld verdienen schicken und kaufen nichts. Aber Nathalie verspricht den Kindern einen Dollar, wenn sie die Zeile auf der Postkarte lesen können... das Geld bleibt (leider) in unserer Tasche.




Bei unserem Tuk Tuk Fahrer haken wir nochmal nach. Ob Schule wirklich Geld kostet? Nein, die Schule ist kostenlos und die Kids könnten hin gehen. Aber wenn Touristen von den Kindern kaufen, gibt dieser Erfolg den Eltern natürlich Recht, ihre Kinder weiter zum Geldverdienen zu schicken.
Wir interessieren uns noch mehr für das Leben von Thy, dem Tuk Tuk Fahrer. Er selbst hat 3 Söhne, einer 15, einer 13 Jahre alt und der jüngste wurde vor 8 Monaten geboren.
Wie Thy lebt, was er verdient, was er in der rainy season macht, wenn kaum Touris da sind, wollen wir wissen. Er erzählt uns das alles gerne und freut sich offensichtlich auch darüber, dass sich jemand für ihn interessiert. "You want to see my home? And my family?" - Ja klar! Wir freuen uns sehr und folgen der Einladung natürlich gerne. Nach dem Sonnenuntergang bei Angkor Wat besuchen wir also das zu Hause eines normalen Tuk Tuk Fahrers in Kambodscha.

Wir betreten einen Hof, auf dem eine kleine offene Blechhütte steht. Es ist die Küche. Ein paar Meter weiter ein kleines gemauertes Häuschen. Thy bittet uns herein. Es gibt keinen Flur oder Eingangsbereich. Wenn man durch die Eingangstür geht, steht man in einem Zimmer mit ca. 10 qm Fläche, ein Fernseher darin, ein Buchregal, eine Hängematte und eine Liege. Links zwei Türen, eine davon führt in ein weiteres kleines Zimmer von geschätzten 3 mal 4 Metern, die andere Tür in den letzten Raum, in welchen noch das "Badezimmer" integriert ist. Weder die Küche, noch die Zimmer, noch das Badezimmer entsprechen dem, was wir uns in Deutschland unter diesen Worten vorstellen. Es ist - für deutsche Verhältnisse - sehr dreckig, die Wände sind vollgekritzelt, die Toilette hat keine Spülung, sondern wird per Eimerchen manuell gespült. Es hatte anscheinend mal gebrannt, die Decke sieht verkogelt aus und ist mit Karton notdürftig abgedeckt.

Hier wohnt Thy mit seiner Frau, seinen drei Kindern, seinen 2 Neffen, seiner Nichte und seiner Schwester. 9 Menschen auf ca. 40 qm innerem Wohnraum.


Die Miete kostet 50 US Dollar im Monat und wird von Thys Schwester bezahlt. Thys Neffe, der im Restaurant arbeitet, verdient 60 $ im Monat und kauft für die Wohngemeinschaft den Reis. Thys Frau verdient als Putzfrau in einem Hotel 80 $ und bezahlt den Strom. Die zwei älteren Söhne sollten zur Schule gehen, machen aber oft Ärger, weil sie lieber zum Online-Game zocken in die Internet-Cafés gehen, welche zahlreich um die Schule herum betrieben werden.

Thy selbst bekommt heute von uns für den 7-stündigen Ausflug inklusive Trinkgeld 25 Dollar. Er muss davon weder dem Staat noch einer Versicherung etwas abgeben. Sein Tuk Tuk gehört ihm, er hatte 3 Jahre darauf gespart. Dementsprechend ist er auch weder kranken- noch unfall- noch sonstwie-versichert, von einer Rente ganz zu schweigen. Es ist Hauptsaison und die Tuk Tuk Fahrer haben viel Kundschaft. In der rainy season, wenn kaum Touris in der Stadt sind, verdient Thy manchmal nur 10 Dollar in der Woche.
Während wir uns unterhalten, spielen wir immer wieder mit dem Baby, das sich freut und quietscht und lacht vor Glück. Nathalie und ich konnten nichts falsch machen; das Kind hat sich über jedes Geräusch und jede Bewegung von uns gefreut. Der Kleine wird gepudert statt gewaschen. Windeln oder Schnuller wären Luxus, deswegen geht es auch ohne. Aufs Kind passt auf, wer gerade da ist.



Aber jetzt ist es Zeit fürs Bett, also verabschieden auch wir uns und fahren zurück in die Innenstadt, wo wir Thy heute morgen unter den vielen Tuk Tuk Fahrern ausgewählt hatten.
Während wir Thy das Geld geben, kommt gleich sein Kollege herbei geeilt, der seine 5 Dollar zurück will. Diese hatte sich Thy morgens vor unserer Abfahrt geliehen, um Benzin und ein bisschen Essen für den Tag kaufen zu können.

Wenn am Tuk Tuk nichts kaputt geht und Thy in keinen Unfall verwickelt wird, dann bleiben ihm heute vielleicht 15 USD - ein überdurchschnittlich erfolgreicher Tag, denn die Konkurrenz ist riesig. Auf einen Kunden kommen ungefähr 5 Tuk Tuks.


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>> Hier findet ihr Bilder von der eigentlichen Besichtigung der schoenen Tempelanlagen <<